Jugend fragt
So heißt ein Projekt des Kyffhäuser Diakonieverbundes. Die jungen Leute, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, leben in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in Bad Frankenhausen.
Die jungen Leute von heute sind die Wähler und Politiker von morgen. Aber wie kann man Jugendliche dazu motivieren, sich stärker für Politik zu interessieren? Das Projekt der Diakonie versteht sich als „Politik Kennenlern und Informations“ Projekt. Die Jugendlichen lernen Politiker kennen, deren Arbeitsorte und dabei eben auch wie Politik funktioniert.
Ausschlaggebend für die Gründung des Projektes war ein Gespräch am Abendbrottisch in einer Wohngruppe, wo ein Jugendlicher meinte: Am besten ich werde Minister, da verdiene ich eine Menge Geld und brauche nichts zu tun“. Es wurde diskutiert, vermutet und gerätselt.
Wie arbeiten Minister? Was machen die den ganzen Tag? Haben die eine Finka auf Mallorca? Wer entscheidet darüber ob diese oder jene Straße gebaut wird? Wie viel verdient ein Minister? Warum ist der Gehweg vor unserem Wohnheim kaputt? Warum bekommen wir nicht mehr Taschengeld? Recht und Gerechtigkeit in unserem Land, wer entscheidet darüber?
Viele Fragen brauchen viele Antworten.
Diakonie Fachbereichsleiter Andreas Bachner und Michael Samel, Betreuer in einer Wohngruppe, nahmen sich die Fragen der jungen Leute an. Und entwickelten das Projekt: Jugend fragt!
Und wo lernt man am besten die Arbeit der Politiker kennen, natürlich an deren Arbeitsplatz.
Bereits im letzten Jahr besuchte dann die Diakonie Jugendgruppe das Ministerium für Landwirtschaft und Infrastruktur in Erfurt. Sehr engagierte Mitarbeiter von Frau Ministerin Keller stellten den „Berufsalltag“ ihrer Chefin vor. In einem Rollenspiel konnten die jungen Leute den Alltag der Ministerin nachspielen. Für die jungen Leute eine spannende Erfahrung. Frau Keller nahm sich dann auch noch Zeit für ein persönliches Gespräch mit den Jugendlichen. Viele Fragen beantwortete Frau Keller. Und auch die Frage, was den eine Ministerin verdient...
Einige Monate später machte sich die Diakonie Jugendgruppe „Jugend fragt!“ nach Berlin auf zu einem Besuch des Deutschen Bundestages. Auch dieser Besuch war sehr interessant. Die jungen Leute wurden mit dem Bundestag vertraut gemacht, eine Führung durch das Gebäude war auch dabei. Beeindruckend der Blick auf den Plenarsaal des Deutschen Bundestages und der Besuch der Reichstagskuppel mit der tollen Aussicht auf die Dächer von Berlin.
Höhepunkt des Projektes „Jugend fragt!“ war vor wenigen Tagen ein Besuch der Gruppe in Straßburg/Frankreich im Europäischen Parlament. Auf Einladung von Gabi Zimmer, Europaabgeordnete aus Thüringen, konnten 5 Jugendliche das Europaparlament besuchen. Nach einer langen, aber kurzweiligen, Busfahrt kamen die Jugendlichen in Kehl, unserem Übernachtungsort, an. Kehl ist eine Stadt am Rhein in Baden Württemberg, gleich gegenüber von Straßburg. Am nächsten Tag ging es früh am Morgen los nach Straßburg. Den Jugendlichen fielen in Straßburg sofort überall die modernen Straßenbahnen auf, die aussehen wie kleine ICE Züge. Sie erfuhren das eine Fahrt quer durch Straßburg nur 1,80 € kostet. Angekommen vor dem großen futuristischen Gebäude des EU Parlamentes, gab es erst mal eine kleine Verzögerung. Die französischen Gewerkschaft CGT hatte einen Protesttag vor dem EU Parlament organisiert. Es ging um die Privatisierung der französischen Wasserkraftanlagen. Diese Anlagen gehören bisher weitgehend dem französischen Staat. Die EU fordert nun eine Privatisierung dieser Anlagen um den Wettbewerb zu fördern. Die französischen Gewerkschaften befürchten, dass nach der Privatisierung Arbeiter entlassen werden und mit den Wasserkraftanlagen spekuliert wird.
Friedlicher Protest, auch das gehört zur Verwirklichung von demokratischer Politik. Die Jugendlichen konnten es vor Ort erleben. Nach dem die Jugendgruppe am EU Gebäude angekommen war, führte der Weg durch die beeindruckende Architektur des Innenhofs, vorbei an der stilisierten Weltkugel, zur Sicherheitsschleuse.
In einem Pressesaal empfing uns dann die Thüringer Abgeordnete Frau Zimmer. Sie meinte nach der Begrüßung ihrer Thüringer Gäste, das zur Zeit sehr viel Arbeit auf alle Abgeordneten wartet. Der Austritt von Großbritannien aus der EU muss realisiert werden. Frau Zimmer sagte, dass sie mittlerweile sogar mit anderen EU Abgeordneten gemeinsam frühstückt, um einfach mehr Zeit zu haben, um die vielen Probleme bereden zu können, welche der Austritt von Großbritannien aus der EU mit sich bringt. Frau Zimmer war sehr bemüht die Arbeitsweise des EU Parlamentes näherzubringen und beantwortete viele Fragen der Teilnehmer.
Während Frau Zimmer dann weiter ihrer Abgeordnetenarbeit nachging, erlebte die Bad Frankenhäuser Jugendgruppe den Höhepunkt ihrer Informationsfahrt nach Straßburg. Die Teilnahme an einer Plenarsitzung, wo das Thema „Brexit – der EU Austritt von Großbritannien " auf der Tagesordnung stand. Besonders waren die Jugendlichen beeindruckt, wie hier simultan in fast alle Sprachen, die in Europa gesprochen werden, übersetzt wird.
Natürlich machte die Jugendgruppe anschließend noch ein Foto vor allen Fahnen der EU Mitgliedstaaten und die Exkursion in EU Parlament war damit absolviert. Straßburg wurde dann anschließend erkundet. Während vor dem EU Parlament die Gewerkschaften immer noch protestierten, fuhr die Jugendgruppe in die Straßburger Altstadt. Dort besichtigten sie viele Sehenswürdigkeiten wie zum Beispiel den Munster, auf französisch: Cathédrale Notre-Dame de Straßburg! Am späten Nachmittag fuhren die jungen Leute von Straßburg wieder in die Unterkunft nach Kehl, wo wieder ein tolles Abendbrot wartete.
Nach zwei spannenden und interessanten Tagen mit vielen Einblicken in die Politik brachen die Jugendlichen dann am nächsten Tag zur Heimreise auf.
An dieser Stelle vielen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der der Politikerinnen und Politiker, die der Jugendgruppe „ Jugend fragt!“ die Besuche in Erfurt, Berlin und Straßburg ermöglicht haben.
Michael Samel